Masterplan Innenstadt Bad Godesberg

Bad Godesberg, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

DE

Drei zentrale Herausforderungen der letzten Jahre – die Klimakrise, die Digitalisierung sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie – erfordern einen Paradigmenwechsel in der Planung innerstädtischer Bereiche.  

Lag der Schwerpunkt in den letzten fünf Jahrzehnten – auch in Bad Godesberg – auf der Bebauung und verkehrlichen Erschließung, müssen diese zukünftig von grünen und blauen Freiraumelementen durchdrungen werden, um Innenstädte mit hoher Lebensqualität zu schaffen.

Vorrangiges Ziel für die Zukunft der Bad Godesberger Innenstadt ist die Vernetzung und Qualifizierung der Freiräume sowie eine multifunktionale Bebauungsstruktur. Durch die Folgen des anthropogenen Klimawandels benötigt die Stadt ein mutiges und innovatives Zukunftsbild, um sich neu zu orientieren.

Die klassische Auffassung von Stadt und Landschaft mit ihren jeweiligen Komponenten beschreibt bislang ein Nebeneinander. Die Leitidee PARKSTADT Bad Godesberg umfasst ein neues Verständnis, das das Spannungsfeld von Bebauung und Freiraum vielmehr als integrativen und vernetzten Verbund aller Komponenten sieht und der Einheit „Park“ eine übergeordnete Position als verbindendes Element einräumt.

Ort
Bad Godesberg, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

Auftraggeber
Bundesstadt Bonn Stadtplanungsamt

Kooperation
ksg architekten und stadtplaner GmbH

Status
abgeschlossen, 2021

GroBe
15ha

Auszeichnung
Auswahl für die 2. Wettbewerbsphase
Offener Realisierungswettbewerb

Grundlegend dafür ist ein Umdenken, das die strikte Einteilung von monofunktionalen Nutzungen auflöst (z.B. Wohnen vs. Arbeit oder Bebauung vs. Grün). Monofunktionale Bereiche bekommen durch neue Nutzungen eine verstärkte Diversität. Unerwartete Kombinationen bieten hier vielfältige Potentiale für künftige Synergien. Da die Bebauung bereits vorhanden ist, wird sie gleichermaßen radikal wie behutsam einem Umbau unterzogen und mit den Freiräumen verknüpft. Für die Stärkung dieser Verbindung werden rückseitige, ungenutzte Flächen und Passagen aufgewertet. Öffentliche und private Freiräume werden miteinander vernetzt, damit Wohnen, Arbeiten und Freizeit über alle Geschosse integriert und vielseitig stattfinden können.

Die Innenstadt Bad Godesbergs wird in drei Bereiche gegliedert, die sich an den jeweils vorhandenen räumlichen und strukturellen Charakteren und Potenzialen orientieren:  KURPARK, GODESBERG, PARKSTADTQUARTIERE.  Die drei Parkstadtbereiche werden freiraumplanerisch und städtebaulich aufgewertet und ausgearbeitet.

Die Standorte für Carsharing sowie E-Ladestationen werden direkt am Cityboulevard angeordnet. Somit wird der Autoverkehr möglichst vom Stadtzentrum ferngehalten und den Stadtbewohner*innen, welche kein eigenes Auto besitzen, eine klimafreundliche Mobilität angeboten. Die bestehenden Parkhäuser am Cityboulevard sind ein wichtiger Teil des Mobilitätskonzeptes. Durch das Modell „Parksharing“ können die vorhandenen Parkdecks und Tiefgaragen effektiv verwendet werden, um den Flächenverbrauch für die PKW-Stellplätze der Innenstadt zu reduzieren.  

Innerhalb des Stadtzentrums können die Radfahrer*innen sich frei fortbewegen. Die Querungen für Radfahrer und Fußgänger sind sicher und komfortabel angelegt, so dass Bewohner*innen und Gäste gerne mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind.

An der unterschiedlichen Stelle werden Velo-Hubs angeordnet, welche Bike-Sharing, DIY-Werkstatt und E-Ladestation anbieten. Das zusätzliche Angebot eines autonom fahrenden Busses entlang des Kultur-Loops bereichert die Fortbewegungsmöglichkeiten in Bad Godesberg.

Die Straße “Am Kurpark” wird als eine verkehrsberuhigte Zone vorgesehen. Die fußläufige Verbindung zwischen dem Kurpark, dem Redoutenpark und der Innenstadt wird an dieser Stelle gestärkt. 

Zwei übergeordnete Freiraumachsen – die „WASSERROUTE“ und die „LANDSCHAFTSROUTE“ – verknüpfen das Marienforster Tal mit dem Rhein und verlaufen auf unterschiedlichen Strecken durch die Innenstadt. Die „WASSERROUTE“ wird durch den Godesberger Bach geprägt. Im Innenstadtbereich, wo er aktuell unterirdisch verläuft, wird er – wo immer das möglich ist – offengelegt und erlebbar gemacht. Entlang der Wasserroute werden die wenig attraktiven Straßenräume und Gassen durch einzelne qualifizierte Freiräume neu belebt und tragen zur Verbesserung des innerstädtischen Klimas bei.

Die Außenkontur der Innenstadt wird durch den “CITYBOULEVARD” nachgezeichnet, der als eine wichtige Verkehrsader der Innenstadt einen grünen und zugleich identitätsstiftenden Korridor darstellt. Mit Ausnahme der nördlich verlaufenden Burgstraße wird der Cityboulevard als Einbahnverkehr ausgebildet, um den Straßenverkehr um das Stadtzentrum zu entlasten. Durch Reduzierung der Fahrbahn wird die Burgstraße für Fußgänger und Radfahrer freundlicher und attraktiver umgestaltet.

Die grünen Landschaftselemente der Fußgängerzone entlang der Landschaftsroute dienen nicht nur als optisches und gestalterisches Bindeglied in Ost-West-Richtung, sondern auch als funktional wichtige Komponenten für die Retention, Versickerung und Speicherung des Regenwassers. Neben den punktuellen Aufenthalts- und Spielorten werden unterirdische Zisternen zur Bewässerung für die Baumpflanzung und Vegetationsflächen eingerichtet, um einen effizienten Beitrag zur nachhaltigen Ressourcennutzung zu leisten. Die begrünten Dachflächen halten das Regenwasser zurück, kühlen so die Räume unter dem Dach und wirken als natürliche Klimaanlage. Gleichzeitig trägt die Fassadenbegrünung an geeigneten Stellen zur Erhöhung der Vegetations- und Verdunstungsflächen bei. In der Parkstadt werden zahlreiche neue Bäume gepflanzt, die dem zunehmend wärmeren Klima angepasst sind, so dass eine höhere Zahl schattigerer Flächen in der Innenstadt entstehen. Die inselartige Begrünung der Innenstadt ermöglicht zudem eine trittsteinartige, durchgehende Biotopvernetzung zwischen dem Godesberger Waldareal und dem Kurpark. 

Durch die Innenstadt wird ein KULTUR-LOOP angelegt, der die Innenstadt und den Kurpark verbindet und unterschiedliche Kultur-, Sozial- und Bildungseinrichtungen bündelt. Der Kultur-Loop dient als ein wichtiges Orientierungsinstrument, das durchgehend mit komfortablen, möglichst barrierefreien und sicheren Rad- und Fußwegen in alle Richtungen ausgestattet wird. Die Besucher*innen werden durch die Anbindung an die bestehenden U-Bahn- und Bushaltestellen abgeholt und intuitiv in den Innenstadtkern geführt.

Mehrere Pavillons, wie Bürgerbühne, Studierenden-Hubs, Ranger-Cafes, Parkpavillion und Raumlabor, werden gezielt in Kultur-Loop platziert, um als Blickfang und Treffpunkt der Parkstadt für verschiedene Nutzergruppen zu dienen.

Die Kultureinrichtungen am/im Kultur-Loop, wie Schauspielhaus, Stadthalle, Godesburg, der neue Experimental-Hub an der Plittersdorfer Straße / Bonner Straße und die neu angelegte Bürgerbühne, sollen miteinander kooperieren und kulturelle sowie soziale Programme über den gesamten Loop dezentral anbieten. Gleichzeitig werden unterschiedliche Bildungseinrichtungen, wie Hochschuleinrichtungen an der Kurfürstlichen Zeile, Kinderhaus Bonn und Mediathek, Begegnungszentrum sowie sonstige Bildungseinrichtungen am und im Kultur-Loop angeordnet.